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Goldesel streck Dich

Computerbetrug am Automaten?

Wege zu Wohlstand und Reichtum schienen sich zu eröffnen, als Zeitungen die ersten Berichte über "Computerfreaks" brachten, die dem Geheimnis des Glücks am Spielautomaten auf die Spur gekommen waren. Gerüchteweise war dies folgendermaßen zu bewerkstelligen: Man brauche mit dem Programm in der Hosentasche nur zum richtigen Zeitpunkt dem Gerät den Befehl "Goldesel streck Dich" geben, und schon könne man mit einer Plastiktüte den Geldsegen auffangen. Und das alles legal. So oder so ähnlich jedenfalls las ich das in einem Teil der Presse,die freudig das neue Thema aus dem Bereich "datenwütige Jugend" aufgriff.

Zumindest seit dem Inkrafttreten des 2. WiKG (Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom L8.1986) kann man diesem Weg jedenfalls niemandem mehr als legalen Weg zur Vermögensbildung empfehlen. Mehr als 500 Verfahren sind zur Zeit - nach Informationen der Zeitschrift "Computer und Reche' (CR) Nr.8/1987 - in der Bundesrepublik in solchen Sachen anhängig. Wie stellt man es nun eigentlich an, dem Glück in die Karten zu schauen?

Alle moderneren Geldspielautomaten sind mit einem Zentralrechner (CPU) ausgestattet, der mit einem EPROM-Chip bestückt ist. Da dort das Programm des Spielablaufs verborgen ist, ist dieses wertvolle Stück auch in der Regel durch ein Blechgehäuse gegen Zugriffe oder Beschädigungen geschützt. Den EPROM-Chip muß man nun zunächst in seine Gewalt bringen, um dann das Spieleprogramm auf einem Computer einer Analyse zu unterziehen. Mit Hilfe dieser Analyse ist der Programmablauf vorhersehbar, Die Tasten des Automaten lassen sich gezielt und für den jeweiligen Spieler nutzbringend betätigen.

Der Gesetzgeber hat nun - vor allem in das Strafgesetzbuch - so manche Vorschrift eingebaut, die unter anderem auch den experimentierfreudigen jungen Leuten Grenzen in der scheinbar grenzenlosen Welt der Daten setzt: Daß die zuvor beschriebene Vorgehensweise nicht legal ist, liegt auf der Hand. Ohne Sachbeschädigung dürfte man kaum in den Besitz des EPROM-Chips kommen, da ja der Automat abgeschlossen ist und auch das schützende Blechgehäuse beseitigt werden muß. Darüber hinaus läßt aber vor allem der Wortlaut des neuen § 202 a StGB, der das Ausspähen von besonders gesicherten Daten unter Strafe (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) stellt, keinen Zweifel daran. daß es auch nach dieser Vorschrift sich um eine Straftat handelt.

Was ist aber mit denjenigen, die z.B. eine solche Programmanalyse von einem Freund als absolut heißen Tip geschenkt bekommen haben? Müssen auch sie mit einem Ende hinter Gittern rechnen, wenn sie bei dem Versuch, ihr Taschengeld aufzubessern, ertappt wurden? Die traditionellen Vorschriften des Strafgesetzbuches geben im Prinzip nicht genug her, um einen solchen Tatbestand zu erfassen. Diese Lücke wird jedoch durch die neuen Vorschriften geschlossen.

Da gibt es z.B. die Vorschrift des Computerbetrugs, § 268 a StGB. Abs. 1 lautet: "Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft."

Input-Manipulation

Diese Vorschrift, die insbesondere auch im Hinblick auf die sogenannten Bankautomaten-Fälle geschaffen wurde, scheint auf den ersten Blick exakt auf unseren Fall zu passen, da die Vorschrift die unbefugte Verwendung von Daten ausdrücklich benennt. Allerdings ist mit dem Begriff der "unbefugten Verwendung von Daten" die sogenannte Input-Manipulation gemeint, d.h., unbefugt erhaltene Daten werden eingegeben. Davon kann nun nicht die Rede sein, wenn man sich lediglich in Kenntnis des Prograrnmablaufs im richtigen Moment die richtige Taste drückt.

Dies ist nun der Punkt, an dem sich die Juristen zu streiten beginnen. So wird zu diesem Problem die nicht von der Hand zu weisende Meinung vertreten (Marion Westpfahl, CR 87, a.a.o.), daß der Gesetzgeber nicht nur die Eingabe von Daten unter Strafe stellen wollte. Eine unbefugte Verwendung soll auch dann vorliegen, wenn die Daten nicht unmittelbar eingegeben werden, sondern wenn nur in deren Kenntnis auf den Datenverarbeitungsvorgang eingewirkt wird.

Mag sein, daß der Gesetzgeber daran gedacht hat. Ich meine jedoch, daß hier bei der Auslegung einer möglicherweise nicht besonders präzise formulierten Vorschrift ein Schritt zu weit gemacht wird. Darüber hinaus kann diese weitgehende Auslegung, die eine Strafbarkeit nicht mehr an die unmittelbare Eingabe von Daten knüpft, in der Praxis erhebliche Beweisschwierigkeiten mit sich bringen. Man stelle sich nur einmal folgende Situation vor: Gustav G. wird von der Polizei in dem Moment am Automaten gestellt, als er einen größeren Gewinn macht. Eine Programmanalyse trägt er bei sich. Leider verstand er die Analyse nicht anzuwenden und vertraute daher mit Erfolg allein seinem sprichwörtlichem Glück. Niemand wird dem Unglücklichen glauben, er habe sich die Kenntnisse des Programms nicht zunutze gemacht. "Das kann ja jeder sagen".

In Erwartung solcher und anderer Schwierigkeiten mit dem neuen Gesetz wurde aber ergänzend ein Auffangtatbestand geschaffen, indem auch die "sonstige unbefugte Einwirkung" Ablauf unter Strafe gestellt wurde. Nach der Maxime des Bundesverfassungsgerichts, welches dem Gesetzgeber ans Herz gelegt hat, "der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden", sollte mit dieser Formulierung ein Tatbestand geschaffen werden, der neue und zur Zeit noch nicht bekannte bzw. nicht vorstellbare Formen der Computermanipulationen erfaßt. Dieser doch extrem breit gefaßte Tatbestand hat zu Recht Kritik erfahren, da er die unter Strafe gestellte Tathandlung nicht genau genug bestimmt.

Was bei aller (und wohl auch berechtigter) Kritik unter dem Strich übrig bleibt: diese Vorschriften sind Realität. Es besteht kein Zweifel, daß die Gerichte von ihnen Gebrauch machen werden. Es wird dann ihr Problem sein, sich z.B. mit den oben beschriebenen Beweisschwierigkeiten herumzuschlagen. In jedem Fall muß der "Glücksspieler", auch wenn er nur die Tasten drückt, damit rechnen, zumindest wegen "sonstiger unbefugter Einwirkung" auf den Verlauf des Glücks verurteilt zu werden.

Thilo

 

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